Kindliche Sprechapraxie / verbale Entwicklungsdyspraxie
Die Sprechapraxie wird als Störung sprechmotorischer Programmierungsprozesse definiert, d.h. der Betroffene weiß sehr genau was er sagen möchte, kann allerdings aufgrund der gestörten Handlungsplanung die motorischen Mund- und Zungenbewegungen nicht korrekt ausführen, damit das, was er sagen will auch korrekt aus dem Mund kommt.
Gestörte Teilbereiche: Lautbildung, Sprechmelodie, Sprechverhalten
Symptome
Als Leitsymptome einer kindlichen Sprechapraxie gilt eine inkonsistente Sprechproduktion (auf vielfache Weise fehlgebildete Sprachlaute und Abfolgen, eine Regelmäßigkeit ist nicht zu erkennen). Darüber hinaus können folgende Symptome auftreten:
- Veränderungen in der Prosodie (Sprechmelodie), unangemessene Betonungsmuster
- Schwierigkeiten in der willkürlichen Sequenzierung von Sprechlauten (sog. Quatschwörter können nicht oder meist nur falsch nachgesprochen werden, Laute werden in ihrer Reihenfolge vertauscht)
- Gehäufte Fälle innerhalb einer Familie (statistisch sind 3x so häufig Jungs betroffen)
- Leichte neurologische Auffälligkeiten, verzögertes Erreichen sog. motorischer Meilensteine; leichte grob- und feinmotorische Auffälligkeiten
- Probleme in der visuellen Wahrnehmung (insbesondere Raum-Lage-Wahrnehmung und räumliche Beziehung)
- Probleme im Saug-, Schluck- und Atemrhythmus, Bevorzugung von weichen und breiigen Nahrungsmitteln
- Suchbewegungen bei der Ausführung von motorischen Bewegungen im Mundbereich, Defizite in der oralen Wahrnehmung
- Auffallend gering ausgeprägte Lallphasen, kaum Konsonanten
- Auffällige Lautbildung; Vertauschung, Auslassung und Hinzufügungen von Lauten, Wiederholungen, Fehlen von Lautimitation, Verlängerung von Lauten
- Auffallend später Sprechbeginn, eingeschränkter Wortschatz, mehr Fehler bei langen Wörtern
- Satzbau ebenfalls verspätet, später Dysgrammatismus, Einzelwörter sind besser zu verstehen als Sätze
- Probleme in der phonologischen Bewusstheit
- Gehäuft nonverbale Strategien als Ersatz für fehlende Wörter (zeigen, Eltern zum Ziel führen)
- Sprachverständnis ist signifikant besser als aktive Sprache
Ursachen
Eine genaue Ursache und der Wirkmechanismus für die Entstehung sind noch nicht eindeutig belegbar. Genetische, metabolische und neurologische Störungen im zentralen und peripheren Nervensystem werden diskutiert.
Genetische Ursachen
Es wurden 2 Chromosomenabschnitte isoliert, die für die Entstehung einer kindl. Sprechapraxie verantwortlich sein können. Vererbbare Varianten sind bekannt
Metabolische Ursachen
Verschiedene Stoffwechselstörungen können die kognitive, und daraus resultierend, die sprechmotorische Entwicklung negativ beeinflussen. Kinder mit Galaktosämie (Störung des Milchzuckerstoffwechsels) entwickeln zu 50-65 % eine Sprechapraxie.
Neurologische Ursachen
Es werden zwar vielfach neurologische Ursachen vermutet, in vielen Fällen zeigen sich auch leichte neurologische Auffälligkeiten, gesichert ist eine neurologische Ursache jedoch nur bei sog. erworbenen Störungen, z.B. durch Unfall od. Krankheit während den ersten Lebensjahren.
Auch Störungen der Halswirbelsäule bis zum 4. Halswirbel können Einfluss auf die Steuerung und Planung von Sprechbewegungen haben (z.B. durch Geburtstrauma, Atlas oder Axisgelenk-Problematik)
Behandlung / Methode
Grundlage bildet auch hier eine umfassende Anamnese und Diagnostik, die alle sprachlichen, motorischen und psychologischen Ebenen berücksichtigt. Darüber hinaus Darüber hinaus ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit mit Ärzten und Therapeuten zum Ausschluss anderer Ursachen sehr wichtig (Pädaudiologe, Neurologe, Psychiater und Psychologe, Physiotherapeut, Ergotherapeut, Osteopath …)
Die Therapie sollte so früh wie möglich und über einen längeren Zeitraum mit mind. 2-3 Einheiten pro Woche stattfinden. Die Zusammenstellung der Übungseinheiten erfolgt individuell und hängt stark von den Symptomen ab.
Weitere Informationen
Ratgeber-Reihe, Schulz-Kirchner-Verlag „verbale Entwicklungsdyspraxie“