Stimmstörungen bei Erwachsenen
Unter Stimmstörungen versteht man alle Krankheiten und Fehlfunktionen der Stimme. Sie sind gekennzeichnet durch eine Veränderung der stimmlichen Leistungsfähigkeit und des Stimmklanges. Man unterscheidet Störungen der Sprechstimme (Dysphonie) und der Singstimme (Dysodie). Eine Stimmstörung kann bereits im Kindesalter auftreten, aber auch im reiferen Alter erst entstehen (Altersstimme).
Ursachen
Man unterscheidet grob 4 Bereiche:
Funktionelle Ursachen
- z.B. durch Gewohnheiten, wie zu langes angestrengtes Sprechen mit zu lauter Stimme; zu scharfe, heiße oder kalte Speisen und Getränke
- Ungünstige äußere Faktoren, wie z.B. zu trockene, verrauchte oder kalte Raumluft
- Fehlhaltungen und ungünstige Atemtechnik
- Stimmbelastende Arbeit (LehrerInnen, Pastoren, ErzieherInnen, Call-Center-Agents, …)
- Falsche Gesangstechnik
Psychische Ursachen
- z.B. psychosozialer Stress
- Traumatische Erlebnisse
Hormonelle Ursachen
- Wechseljahre der Frau
- Hormonstörungen
- Medikamente, die sich ungünstig auf die Stimmfunktion auswirken
Organische Ursachen
- z.B. Stimmbandlähmungen nach Kehlkopf- oder Schilddrüsen-OP
- Unfälle, Tumoren, Verletzungen
- Missbildungen des Kehlkopfes und der am Sprechen beteiligten Organe, anlagebedingte Faktoren
- Erkrankungen, die mit einer Stimmstörung einhergehen
Oft spielen mehrere Faktoren eine Rolle oder bedingen sich gegenseitig, wie z.B. jahrelanger funktionaler Fehlgebrauch der Stimme, der zu organischen Veränderungen an den Stimmlippen (ugs. Stimmbänder) führt. Es entstehen Stimmlippenknötchen, die sich nicht selten zu Tumoren auswachsen.
Eine Sonderstellung nehmen Mutationsstimmstörungen (Störungen in der Phase des Stimmbruchs) ein. Diese können sowohl hormonell als auch psychisch oder funktional bedingt sein (siehe dort).
Symptome
- Klangveränderungen (heiserer, brüchiger, belegter, knarrender oder verhauchter Stimmklang), Wegbleiben der Stimme (Aphonie)
- zu hohe oder tiefe Sprechstimme
- Verspannungen, v.a. im Nacken-Schulter-Bereich, Fehlstellungen des Kiefers und der Zunge
- Kloßgefühl, Räusperzwang, starke Schleimbildung, Trockenheit
- Gefühl, dass das Sprechen und/oder Singen anstrengend ist; schnelle Ermüdbarkeit der Stimme
- Unsicherheit, einen Ton genau zu treffen (Distonieren, Detonieren)
Diagnostik
Nach einer ausführlichen Anamnese werden einzelne Stimmfunktionen wie z.B. Stimmklang, Tonumfang, mittlere Sprechstimmlage, Tonhaltedauer, Lautstärke und Dynamik der Stimme, Tongehör und Rhythmusempfinden mit Hilfe von computergestützter Technik (Stimmfeldmessgerät) überprüft. Dadurch erhält man einen aussagekräftigen Überblick der stimmlichen Leistungsfähigkeit. Darüber hinaus werden Gesamtkörperspannung, Haltung, allgemeines Sprechverhalten (Artikulation, Sprechgeschwindigkeit, Modulation, Pausenverhalten) und Atmung beurteilt, um ungünstige Habbits zu erkennen und eine individuelle Therapie planen zu können.
Behandlung
Grundlage der Behandlung ist die oben beschriebene Diagnostik. Zusammen mit dem Patienten wird ein individueller Therapieplan erstellt. Dieser berücksichtigt alle zum Sprechen und Singen wichtigen Elemente wie…
- Wahrnehmung
- Atmung
- Sprache
- Stimme
- Intention (Sprechabsicht)
- Aufrichtung
Nur wenn alle 6 Elemente harmonisch aufeinander eingespielt sind, kann die Stimme gut klingen, so wie einzelne Zahnrädchen ineinandergreifen.
Nicht zu unterschätzen sind die Aspekte der eigenen Persönlichkeit, wie z.B. die momentane Lebenssituation, Stress im Beruf, Trauer…. Stimme und Stimmung sind 2 untrennbare Bereiche, die ebenso in der Therapie berücksichtigt werden wie das Einüben funktionaler Elemente.
Je nach Störungsbild werden unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt. Ziel ist ein funktionsgerechter, ökonomischer Stimmgebrauch.
In der Regel erfolgt die logopädische Behandlung nach ärztlicher Verordnung. Grundsätzlich kann jeder behandelnde Arzt verordnen, doch empfiehlt es sich zum Ausschluss schwerwiegender Erkrankungen immer einen HNO-Arzt zu Rate zu ziehen, der eine gezielte Untersuchung des Kehlkopfes und der Stimmlippen mit geeigneter Technik durchführen kann.
Prävention
Personen, die ihre Stimme berufsmäßig einsetzen oder gerne und viel reden und singen, sollten auf einen ökonomischen Stimmgebrauch unbedingt achten, um die stimmliche Leistungsfähigkeit zu erhalten und damit auch im Beruf über Jahre hinweg leistungsfähig zu bleiben.
Es wurden bereits zahlreiche Bücher, Schriften und Audio-Programme veröffentlicht, die unterstützend eingesetzt werden können. Ein do-it-yourself-Programm birgt jedoch auch viele Fehler. Zum Erlernen von wirksamen Vorbeugemaßnahmen empfiehlt es sich, an einem Fachseminar für Stimme teilzunehmen oder im Rahmen von IGeL-Leistungen ein Einzel-Coaching durchzuführen.
Weitere Informationen
Netzwerk der europäischen Stimmexperten www.stimme.at.